Macht Abnehmen durch Kalorien zählen Sinn?
Du willst abnehmen und fragst dich, wie hoch dein Kalorienbedarf ist und viele Kalorien du zu dir nehmen sollst? Das Kalorien zählen ist neben dem Intervallfasten eine der beliebtesten Abnehmmethoden. Werfen wir also einen Blick auf die Vor- und Nachteile beim Kalorien zählen und klären, wie du das Ganze sinnvoll für dich nutzen kannst.
Die Vorteile von Kalorien zählen
Für das Abnehmen ist ein Energiedefizit essentiell – und Kalorien sind schlichtweg die Maßeinheit dafür. Wenn wir weniger Energie zu uns nehmen, als wir verbrauchen, verbrennt der Körper – im besten Fall – Körperfett, um seinen Energiebedarf zu decken.
Langfristig geht es daher schlichtweg darum, in einem leichten Kaloriendefizit zu bleiben. Empfohlen werden 10-20 Prozent deines Gesamtenergiebedarfs. Hier ist es wichtig, nicht zu stark einzusparen, da dies deinen Stoffwechsel dämpfen kann. Ein plötzliches Einsparen von 50 Prozent oder mehr könnte deinen Stoffwechsel in eine gefühlte Notsituation versetzen und er fährt sich herunter.
Kalorien zählen ist auch ein objektives Maß und bietet dir einen greifbaren Ansatz, an dem du dich gut orientieren kannst. Zudem sorgt es dafür, dass du dich mit deiner Ernährung beschäftigst und schafft so ein Bewusstsein dafür, was auf deinem Teller landet.
Die Nachteile beim Kalorien zählen
Kalorien sind nicht gleich Kalorien. Es macht einen Unterschied, ob du 100 kcal aus Zucker oder etwa aus Eiweiß (Protein) zu dir nimmst. Die Kalorien aus Zucker sind schnell und nahezu zu 100% verfügbar, während Eiweiß viel mehr Verdauungsarbeit benötigt. Dabei werden schon ca. 20% der aufgenommenen Kalorien verbraucht. Von 100 aufgenommenen Eiweiß-Kalorien landen also nur noch 80 als freie Energie in deinem Körper. Der Rest geht sozusagen “auf’s Haus”.
Zudem hast du den Vorteil, dass dich Eiweiß super sättigt und die Energie einer eiweißreichen Mahlzeit langsamer vom Körper aufgenommen wird. Dadurch bleibt dein Blutzucker konstant und Heißhungerattacken werden vermieden. Eiweiß schützt aber auch deine Muskeln, im Kaloriendefizit holt dein Körper seine Energie nämlich nicht nur aus den Fettzellen, sondern greift auch auf Muskeln zurück. Hier schützt Eiweiß davor, dass Muskelmasse abgebaut wird. Gerade wenn du nebenbei noch Sport machst und körperlich aktiv bist, ist das natürlich wichtig.
Eine der größten Schwächen beim Konzept Kalorienzählen ist aber, dass jeder Stoffwechsel anders ist. Auch wenn zwei Personen die gleiche Größe, das gleiche Gewicht und das gleiche Alter haben, können sie 300 oder sogar 400 kcal mehr oder weniger verbrauchen. Unser Stoffwechsel ist super individuell und der Trainingszustand spielt ebenfalls eine Rolle. Auf Dauer lässt dich dieser Unterschied von 300 kcal aber entweder abnehmen oder eben zunehmen. So kann Person A mit derselben Energiemenge abnehmen, während Person B zunimmt.
Genau das ist auch das Problem der Internetrechner und Faustformeln. Sie kennen unseren individuellen Stoffwechsel nicht und sind damit so ungenau, dass du dich nicht darauf verlassen kannst. Wenn du es genau wissen willst, kannst du zwar deinen Grundumsatz mit einer Atemgasanalyse beim Arzt messen, aber das ist dann nur der Grundumsatz. Der Grundumsatz ist der Energieverbrauch, den du hast, wenn du in völliger Ruhe bist. Also auf der Couch oder im Bett liegst. Da kommt dann noch der Leistungsumsatz dazu, und der ist super schwierig abzuschätzen. Denn es macht einen Unterschied, ob du Schüler bist, einen Bürojob hast oder körperlich arbeitest. Auch wie viel Sport du machst und wie intensiv dein Training ist, spielt eine Rolle.
Und auch bei der Lebensmittelauswahl lauern Tücken: Die angegebenen Kalorienwerte auf vielen Lebensmitteln sind nur Durchschnittswerte, hier können es gern mal 10 Prozent mehr oder weniger sein. Es gibt Unterschiede zwischen einer reifen und unreifen Banane, rohem oder gekochtem Gemüse, hier sind Abweichungen von 30 Prozent keine Seltenheit. Und spätestens beim Essen außerhalb ist es dann unmöglich zu bestimmen, was genau auf deinem Teller landet.
Ein letzter Nachteil des Kalorienzählens ist, dass Gedanken oft nur noch um das Essen kreisen. Du denkst ständig darüber nach, was du wie und wann essen kannst, um innerhalb des erlaubten Rahmens zu bleiben. Dies kann dir nicht nur die Freude am Essen verderben, sondern auch zu Stress führen, der die Ausschüttung von Cortisol, einem Stresshormon, fördert. Cortisol wiederum blockiert aber auch deine Fettverbrennung und kann so dazu führen, dass du genau das Gegenteil von dem erreichst, was du dir eigentlich wünschst. Im schlimmsten Fall kann sich sogar eine Essstörung entwickeln, was tatsächlich häufiger vorkommt, als man denkt.
Fazit für deine Ernährung:
Kalorienzählen funktioniert in der Theorie super. In der Praxis ist es jedoch sehr aufwendig und zu ungenau, um das empfohlene Kaloriendefizit von 10 bis 20 Prozent des Gesamtenergiebedarfs wirklich zu treffen. Eine zeitweise Beschäftigung mit dem Kalorienzählen kann dir aber helfen, ein Verständnis für die Qualität und den Energiegehalt einzelner Lebensmittel zu entwickeln. Wenn dein Ziel das Abnehmen ist, konzentriere dich lieber auf frische, unverarbeitete Lebensmittel, nimm Eiweiß und Gemüse in jede Mahlzeit auf und achte auf ein angenehmes Sättigungsgefühl. Diese intuitive Herangehensweise ist erfahrungsgemäß deutlich effektiver und langfristig erfolgreicher, als striktes Kalorien zählen über bestimmte Zeiträume.
Karsten Sobottka
Personal Trainer & Ernährungsberater
Hamburg-Eppendorf